[T.19] Nein Rob, das ist kein A79. Das cis, welches diesen Akkord eindeutig bestimmen würde, kommt doch erst auf dem 2 (unbetonten) Schlag. Spiele die Stelle doch mal mit A-Dur, das geht zwar harmonisch, ist aber nicht die Funktion, die man im Originalsatz hört. Auf der 1 kommen ALLE Töne des G-Moll, also kann es nur G-Moll sein.
Doch, daran halte ich fest

Es ist ein
verkürzter verminderter Dominantseptakkord. Ich spiele an dieser Stelle
kein reines A-Dur, sondern den verminderten über A-Dur. Die Akkorde stehen ja nicht Viertel um Viertel nebeneinander, sondern werden gerade in den betreffenden Stimmen ausdrücklich gebunden, weswegen ich hier einen Quartvorhalt interpretieren darf (d -> cis), der naturgemäß auf der schweren Zeit steht und sich in die Nebenzeit auflöst; so ist das nunmal mit Vorhalten, ob ausnotiert oder nicht. Nur weil alle g-Moll-eigenen Töne da sind, ist es noch lange nicht g-Moll. Der vermindert-verkürzte ist aus A-Dur abzuleiten – wenn du ein
e mitspielst, ist es offensichtlich –, weil er aus g-Moll nicht herleitbar ist.
Ich kann andererseits auch gut damit leben (ohne auf meiner Vorhalt-Interpretation herumzureiten), dass wir eine ganz normale Mollkadenz hernehmen: das wäre (über Orgelpunkt
d) d-Moll (T.14,2–3) – g-Moll (T.15,1) –
A-Dur
5/7-/9- (T.15,2) – d-Moll (T.15,3–4), also [t – s –
D5/7-/9- – t].
Ich habe die Stelle einmal leicht anders notiert, was meiner Interpretation entspricht. Wenn man diesen Takt nach deiner Auffassung notierte, müssten im Original die Phrasierungsbögen entfernt und die betroffenen Viertel wenigstens mit Tenutostrichen versehen werden.
Auch klingt die leere Oktave bei T23,1 seltsam und bringt keine Auflösung.
So ging es mir schon mit der Oktave in T.20,3! Es ist etwas „brachial“ …
Wie kommst du in T22,3 auf einen B-Moll? Alle Töne von F sind doch enthalten und das auf einer schweren Zählzeit.
Wie gesagt: Hauptzeiten in Verbindung mit Nebenzeiten betrachten. Die Musik geht ja weiter und muss im Kontext betrachtet werden. Der Komponist spielt die ganze Zeit mit diesen Vorhalten, man muss sie nur also solche erkennen. Good old Bach zum Beispiel notierte solche Geschichten ähnlich meinem umgeschriebenen Beispiel. Bei Bach steht eben ein „gerader“ Akkord auf der Hauptzeit, allerdings mit einem langen Vorhalt versehen. Da heutzutage meist Unklarheit über die Länge des Vorhalts besteht, notiert man es lieber aus – wie auch in unserem Analyseobjekt. Der Nachteil ist, dass es uns die „Vorhaltfindung/-erkennung“ beim Ausführen oder Analysieren erschwert; Vorteil ist, dass die Tondauer bereits fixiert ist. Viele interessiert es aber schlichtweg überhaupt nicht, ob Vorhalt oder nicht: Hauptsache, man betont und phrasiert es richtig.
Mein Vorschlag:
T22: Sp Tp6 T6 T611
T23: T
Genau das wird der Komponist
nicht meinen … zu viel Tonika hintereinander. Mit der Funktion auf T.22,2 habe ich ja auch mein Problemchen, aber wenn wir uns in F-Dur bewegen, ist meine Interpretation
T.22: Sp
3 – Tp
6+5 – s
37+/9 → s
3sus9T.23–24: ist pill… ist klar

… müsstest du uns mal den ganzen Satz posten. Dann können wir uns hier über cis und des die Köpfe heiß reden.
Du hast angefangen

Wegen
cis oder
des sind wir uns ja alle einig

Vielleicht naive Frage: Blechbläser VI kriegen in Takt 31 ein Auflösungszeichen. Würd ich meinen Sängern auch geben. In Takt 8 bekommt Blechbläser II keins (vorm „c“), und in Takt 29 bekommt Blechbläser III keins vorm „e“. Gibt's da eine geheime Systematik?
Nö, gar nicht naiv – völlig berechtigt und aufzuklären:
VI-T.31: ist in Ordnung.
II-T.8: Diese Stimme bekommt als erste das
cis vorgezeichnet und liest weiter -> kein zusätzliches Vorzeichen nötig.
I-T.8: Diese Stimme hat das
cis der zweiten Stimme evtl. noch nicht wahrgenommen und benötigt es deswegen. Außerdem greift Polyphonieregel, wie Matthias schon schrieb.
III-T.29: Das ist Murks und muss angeprangert werden. Zwangsläufig wird das
e aufgelöst, aber das fehlende Auflösungszeichen sorgt für unnötige Diskussion, weil es sich mit
es nämlich auch ganz nett anhört.
Um einmal die Kurve zu Lily zu kriegen: Das Phänomen in T.8 mit den beiden Stimmen in einer Zeile und den Vorzeichen pro Stimme erledigt Lily nicht automatisch! Man müsste für die Oberstimme das Vorzeichen durch
cis! erzwingen.
@Matti: Was du zu T.21 schreibst, ist auch schön formuliert! Ich meinte auch tatsächlich den G7 mit
None auf der zweiten Viertel. Und ja: ich hatte ebenfalls zuerst besagten G7/9 im Ohr, der nach C-Dur drängt, uns diesen Gefallen aber nicht tut. Deswegen bin ich funktional zugegebenermaßen selten, aber aufgeschmissen.
Ich sehe aber, dass ich als Autodidakt noch große Wissenslücken zur Harmonielehre habe
Ich werde zu diesem Thema noch in Wikipedia abtauchen müssen.
Ob die Wikipedia allein genügt? Schwierig …
So – ich hätte dann fertig mit diesem Thema

Zumindest mit diesem Lied. Allen eine schöne Woche, Robert
EDIT: Dateianhang nachgeliefert.