Autor Thema: \absolute oder \relative  (Gelesen 4856 mal)

marian

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\absolute oder \relative
« am: Samstag, 14. Februar 2015, 12:56 »
Guten Tag,
nach etwa 4,5 Jahren Lilypond-Pause steht wieder ein Projekt in Raum.
Damals hatte ich eine Klarinettenschule aufgesetzt und in Zusammenspiel mit InDesign konnte ich zur Zufriedenheit meinen Augen (bin selber Orchestermusiker) Lilypond gut bedienen (auch mit der Hilfe dieses Forums).
Nach der Klarinettenschule hatte ich versucht einige Chorwerke aufzusetzen aber es kam immer wieder etwas dazwischen und irgendwann war das Projekt aus den Augen aus dem Sinn.
Vielleicht jetzt...

Allerdings ist meine Lilypond Erfahrung sehr begrenzt so dass ich jetzt fast von Vorne anfange. Deswegen zuerst diese Frage nach \absolute oder \relative. Ist die Benutzung abhängig von bestimmten Ergebnissen (Transponieren, Instrumentenwechsel etc - und dann wann soll man was benutzen?) oder ist nur die eigene Vorliebe?
Ich habe einige zig Takte als warm-up in \relative eingegeben (etwas für Klavier) und komme mit den ständigen "falschen" Eingaben (Oktave zu tief, zu hoch, wieder Komma vergessen etc) nicht ganz so klar.
Ist das nur meine fehlende Übung oder soll man doch (Übung hin oder her) die Eingaben doch "beherrschen". Aber dann zu welchem Zweck?

Ich danke euch für die Antworten!

trulli

  • Member
Re: \absolute oder \relative
« Antwort #1 am: Samstag, 14. Februar 2015, 23:49 »
Ist das nur meine fehlende Übung oder soll man doch (Übung hin oder her) die Eingaben doch "beherrschen". Aber dann zu welchem Zweck?

Hallo Marian und willkommen zurück hier im Forum,

der \relative Eingabemodus ist genial. Für Melodien und Akkorde in klassischer Musik ist er äußerst nützlich und schnell. Im Kopf kann man leicht ermitteln, ob der Tonabstand zum nächsten Ton eine Quinte oder mehr beträgt. Dann setzt man eben ein Komma. Ich würde also sagen, es liegt bei dir tatsächlich an der fehlenden Übung.
Bei Akkorden ist der Modus manchmal etwas umständlicher. Ich habe mir deshalb angewöhnt, dort meistens vom tiefsten geschriebenen Akkordton auszugehen. Das erleichtert mir vor allem nachträgliche Korrekturen.
\absolute verwende ich gar nicht. Vielleicht könnte das aber bei zeitgenössischer Musik mit extremen Intervallsprüngen sinnvoll sein. Sonst aber sicher nicht.

Soweit meine bescheidene Meinung...
gutes Üben wünscht dir Trulli

marian

  • Member
Re: \absolute oder \relative
« Antwort #2 am: Sonntag, 15. Februar 2015, 11:32 »
Soweit meine bescheidene Meinung...
Danke dir. Verstanden.
Zitat
gutes Üben wünscht dir
Danke, danke!

harm6

  • Member
Re: \absolute oder \relative
« Antwort #3 am: Sonntag, 15. Februar 2015, 11:41 »
Hallo marian,

eigentlich habe ich zu diesem Thema nicht viel zu sagen, nur soviel:

Ob Du \absolute oder \relative verwendest hängt in erster Linie davon ab womit Du besser zurecht kommst. ;)
Bei Musik mit vielen großen Intervalsprüngen ist die Eingabe mit \relative allerdings mühsam, wie trulli schon sagte.

Darüberhinaus ist es im relative-modus schwieriger (manchmal unmöglich) mit Musikfunktionen ins Geschehen einzugreifen. Das sind aber in der Regel Spezialfälle, die erstmal kein Argument gegen \relative darstellen.

Ich selbst verwende eigentlich immer \relative


Gruß,
  Harm

ingmar

  • Member
Re: \absolute oder \relative
« Antwort #4 am: Sonntag, 15. Februar 2015, 17:57 »
hallo,


auch ich verwende immer \relative. Es geht viel schneller, und große Sprünge kommen doch eigentlich selten vor!

Ich verstehe aber dein Problem. Noten sehen bei einem einzigen vergessenem ' oder , sofort seitenweise grauenvoll aus, und besonders, wenn man kurz danach nochmal das gleiche Zeichen vergisst. Ein Fehler versaut halt nicht eine Note, sondern unter Umständen Hunderte; das kann am Anfang schon irritieren.

Nach der Noteneingabe ist also immer der nächste Schritt das Korrekturlesen. Der Vorteil von \relative ist, dass die Stellen direkt ins Auge fallen. Nachteil aber, dass die, die dieses Korrekturlesen nicht am Bildschirm, sondern lieber mit ausgedruckten Noten auf dem Sofa machen wollen, seitenweise Fehldrucke produzieren. Es lohnt sich hier, immer nur die nächste Seite auszudrucken, erstmal ein kleineres Format zu wählen (Druckertreiber), Rückseiten zu verwenden usw. Aber "aufspringen, eine kleine Änderung machen, neu ausdrucken, wieder hinsetzen" ist hier leider der typische Zyklus, anders als bei \absolute kann man halt nur schwer alle Fehler im Ausdruck markieren und dann zusammen reparieren. Das ist eine echte Lücke im Prozess, für die es hier aber keine wirkliche Lösung gibt.

Und du hast grundsätzlich ja das gleiche Problem bei einem rhythmischen Fehler, und zwar in jedem existierenden Notensatzprogramm: Einmal kommt zwischen Sechzehnteln eine Halbe vor, und du vergisst, anschließend wieder auf Sechzehntel zurückzuschalten: Dann musst du genauso neu ausdrucken; Korrekturlesenwollen nach dieser Stelle wäre reine Glückssache.

Fazit: Lernen, am Bildschirm korrekturzulesen, oder einfach nie Fehler machen.. : - )
Ein Editor wie Frescobaldi zeigt dir übrigens Quelltext und kompilierten Text direkt nebeneinander, mit der Möglichkeit, in beide Richtungen per Klick zu markieren.

\absolute ist nach meiner Auffassung vor allem dazu gedacht, softwaregenerierte Musik zu schreiben.


Gruß,
-ingmar

marian

  • Member
Re: \absolute oder \relative
« Antwort #5 am: Sonntag, 15. Februar 2015, 19:26 »
Danke Harm, danke Ingmar!

Ja, ich stelle fest (sicherlich auch bediengt durch die fehlende Erfahrung) dass Klaviermusik in \relative einzugeben doch viel mehr Korrekturen benötigt. Das öftere Trennen der Stimme durch <<{...}\\{...}>> und dazu auch noch Doppelgriffe <...> bringt hin und wieder die Stimme in solchen Regionen wo der Geiger oft "in Schnee" greifen müsste (wie die tieferen Regionen von anderen Musiker benannt werden weiß ich jetzt nicht  ;D).
Ja, nach den Lilypond-Pause, ist die Frescobaldi-Entdeckung für OS X doch ein großer Schritt für den Mac User. Und jetzt benutze ich es viel lieber als den Lilypond-Bundle für TextMate.

Sicherlich ist ein Laptop/Powerbook hilfreicher bei den Korrekturen auf dem Sofa als das Papier (und irgendwann kommt bestimmt irgendeine Android-Linux Portierung) aber bis dahin bleibe ich besser am Schreibtisch (für mich "gesunder"  :) )

ingmar

  • Member
re: \absolute oder \relative
« Antwort #6 am: Samstag, 28. Februar 2015, 18:25 »
Ich hab nochmal ein wenig drüber nachgedacht. Ich glaube, zum flüssigen Eingeben ist \relative ideal. Aber danach? Wer eine Kleinigkeit ändern will (einen Ton austauschen oder so), kann leicht wieder alles verschieben.

Inzwischen denke ich daran, meine eingegebenen und korrekturgelesenen Dateien von \relative in \absolute zu verwandeln. Programme wie Frescobaldi erlauben sowas per Klick. Dabei kann man auch gleich die rhythmischen Werte überall nachtragen lassen. Das macht die Texte natürlich länger, aber das sollte heutzutage wirklich keine Rolle spielen. In jedem Fall werden die Files robuster gegen unfreiwillige falsche 'Korrekturen', oft vielleicht auch übersichtlicher.


Gruß,
--ingmar

trulli

  • Member
Re: re: \absolute oder \relative
« Antwort #7 am: Samstag, 28. Februar 2015, 18:36 »
Inzwischen denke ich daran, meine eingegebenen und korrekturgelesenen Dateien von \relative in \absolute zu verwandeln. Programme wie Frescobaldi erlauben sowas per Klick.

Aha, man lernt doch nie aus. Ich wusste gar nicht, dass Fresco das kann. Wie macht man das?

LG Trulli

ingmar

  • Member
Re: \absolute oder \relative
« Antwort #8 am: Samstag, 28. Februar 2015, 18:52 »
Zitat
Trulli: Ich wusste gar nicht, dass Fresco das kann. Wie macht man das?
  • "Werkzeuge > Tonhöhe > Relative in absolute verwandeln".
  • "Werkzeuge > Rhythmus > Explizit machen".
Zitat
Harm: Darüberhinaus ist es im relative-modus schwieriger (manchmal unmöglich) mit Musikfunktionen ins Geschehen einzugreifen.
Eben! Und bevor man auch noch seinen Scheme-Code robust (und damit länger und unübersichtlicher) machen muss, scheint mir dies eigentlich der bessere Weg.

Gruß,
--ingmar