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cis oder des notieren, bzw. warum ...
stargazer:
Hallo,
wann und warum notiert man ein cis und wann ein des?
Gleiche Frage gilt natürlich auch für andere enharmonische Verwechslungen.
Im abgebildeten Beispiel wird zuerst ein cis notiert; einige Takte später ein des - welche Gründe gibt es dafür; bzw. unter welchen Umständen setzt man cis und wann des?
Ich habe mal in der Capella-Demo die Noten mit dem Mausklavier gesetzt - Capella "entscheidet" sich in beiden Fällen für cis - in Lilypond hat natürlich der Notensetzer die volle Freiheit.
Viele Grüße
Dieter
trulli:
Hallo Dieter,
cis oder des ist ein Unterschied. Diese Töne werden immer innerhalb der vorgegebenen Tonart bewertet und müssen zu ihr passen. Dein Beispiel steht in D-Moll (vermute ich jetzt einfach mal, aufgrund deiner geposteten Takte). Erstmal ist ein cis dort ein fremder Ton, weil es in D-Moll nicht vorkommt. Verändere ich aber die Tonleiter zu D-Moll harmonisch, dann wird der 7. Tonleiterton erhöht, d.h. das c wird zu einem cis. Damit ist cis jetzt ein leitereigener Ton in D-Moll harmonisch und wird als cis geschrieben.
So gesehen hat dein capella das Naheliegendste interpretiert: es ist gut möglich, dass in D-Moll ein cis vorkommt.
Ein des allerdings kommt erst in Tonarten vor, die recht weit von D-Moll entfernt liegen. As-Dur (oder F-Moll) wären da die ersten möglichen Tonarten. Um also ein des zu schreiben, muss sich die harmonische Struktur in der Nähe dieser entfernteren Tonarten bewegen. Das wäre z.B. bei einer Modulation nach As-Dur der Fall. Danach sieht es in dem Beispiel aber nicht aus.
In moderner Musik kommt oft die Varianttonart in einem Stück vor. In F-Dur wäre das die Tonart F-Moll. Vielleicht springt in deinem Stück der Komponist zwischen diesen Tonarten hin und her, dann muss auch ein des geschrieben werden. Übrigens machen Notenverlage bei dieser komplizierten Materie auch immer wieder mal einen Fehler und schreiben statt des ein cis...
Wenn du es bei deiner Stelle genau wissen willst, müsstest du uns mal den ganzen Satz posten. Dann können wir uns hier über cis und des die Köpfe heiß reden. Das schöne an der Harmonielehre ist nämlich, dass es oft mehrere Deutungsmöglichkeiten gibt ;D
Grüße von Matthias
stargazer:
Hallo Matthias,
hab das Stück mal angehängt - betrifft Takt 15 und Takt 21.
Klar "cis" ist nicht unbedingt gleich "des". Bei einem temperiert gestimmten Instrument sind jedoch "cis" und "des" (und alle anderen enharmonischen) gleich.
Noten sind "Spielanweisungen" - nur ein Teil der Instrumente wären in der Lage in einem Stück alternativ "cis" oder "des" zu spielen, da sie nur in einer Stimmung gestimmt sein können. Unterschiedliche Notierungen wären für diese Instrumente Unsinn, da die Spieler nicht differenzieren können.
Der vorliegende Notensatz ist ein Blechbläsersatz. Blechbläser könnten natürlich ein "cis" oder ein "des" höher oder tiefer blasen - dürfte aber eher Theorie bleiben.
Ich bin jedenfalls gespannt, ob die im Anhang zitierte Notierung Sinn macht, oder ob es ein Fehler ist.
Macht es Capella richtig, wenn es bei der Noteneingabe über das "Mausklavier" grundsätzlich nur "cis" notiert? Mögliche Begründung:
Klavier => temperierte Stimmung => "cis" = "des" => also braucht man nicht zwischen "cis" und "des" unterscheiden
Viele Grüße
Dieter
fugenkomponist:
Hallo,
im Takt 15 (erstes Bsp.) passt das cis eigentlich nicht zur Harmonie g-Moll, hier wird das cis als Teil der harmonischen d-Moll-Tonleiter verwendet. Außerdem wird dadurch, dass nicht d - des - f geschrieben wird, deutlich, dass es wirklich einen Schritt nach unten geht. Ebenso gehts in dem zweiten Beispiel von des nach c runter, auch hier gehört das des nicht zur eigentlichen Harmonie (F-Dur, aufs letzte Viertel entweder plus Quarte oder man sieht es als b-moll (erfordert zwingend des) plus Sekunde).
Ein weiteres Beispiel ist die Verwendung von dis und es: Das dis in der zweiten Stimme in Takt 11 steht in einer Umgebung in e (kein richtiges Moll, weil da unten f statt fis steht), das es in der vierten Stimme in Takt 38 gehört zum F-Dur-Septakkord.
Viele Grüße
Malte
trulli:
Hallo Dieter,
am besten finde ich am Schluss den jagdhornartigen Abschluss ^^
Das erste Beispiel (T15) sehe ich wie Fugenkomponist: das cis gehört zur harmonischen D-Moll-Tonleiter und führt im harmonischen Zusammenhang von G-Moll nach D-Moll. Vor dem D-Moll kommt als Leitton das cis und führt zwingend in die Auflösung zum D-Moll. Da diese Tonleiter ein cis enthält (eben die 7. erhöhte Stufe) dürfte dort auf keinen Fall ein des stehen.
Das zweite Beispiel (T21) ist ein einfacher Quart-Sext-Vorhalt, der nach F-Dur führt. Es ist ein F46 (Quart-Sext), der die Töne f-b-des hat. Das des liegt im Bass und kann kein cis sein, weil die Sexte von F der Ton des ist. So ein Vorhalt erzeugt wieder eine zwingende Auflösung: die Sexte wird in der Quinte und die Quarte in der Terz aufgelöst und somit sind wir wieder bei f-a-c, dem F-Dur Dreiklang.
In der temperierten Stimmung zu sein bedeutet, dass cis und des DIE GLEICHE TASTE auf dem Klavier sind. Das bedeutet aber NICHT, dass man sie beliebig vertauschen darf! In den früheren reinen Stimmungen hatten cis und des unterschiedliche Tonhöhen. Eben je nach gespielter Tonart und so werden heute auch noch die unterschiedlichen Töne aufgeschrieben. Einges dazu kannst du hier lesen.
Auch wenn dein Notensatz mit den vielen Versetzungszeichen an manchen Stellen recht wüst aussieht: alle Zeichen sind richtig gesetzt, denn sie entsprechen dem harmonischen Zusammenhang. Komponist und/oder Setzer wussten genau, was sie tun. Also ein gutes Beispiel.
Konntest du damit jetzt was anfangen?
Grüße von Matthias
P.S.: Gib mal bei Capella die Tonart Es-Dur ein und spiele auf dem Mausklavier ein cis. Ich schätze mal, dass Capella dann ein des setzt.
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