Notationsspezifisch > Noten für Gitarre
Pausen und Haltebögen in historischen Tabulaturen
harm6:
Hallo,
ich beschäftige mich im Moment u.a. mit historischen Tabulaturen.
Ziel soll sein Tabulaturen mit einer Rhythmuslinie über den Linien zu erhalten.
Bei zwei Notationsformen weiß ich jedoch nicht so recht wie das letztendlich aussehen soll: Pausen und Haltebögen.
Wie ist das früher gemacht worden?
Bsp:
--- Code: ---\relative c' {
a4 r ais b8 c~
c d c b a gis a4
}
--- Ende Code ---
Schrebt man die Pause auch oben drüber oder macht man aus dem vorangehenden a eine halbe Note?
Ähnlich die Sache mir dem Haltebogen. Schreibt man ihn oder macht man aus c8~c eine Viertel, egal was der Takt sagt?
Im Anhang der bislang entwickelte Code plus Bild.
Gruß,
Harm
trulli:
Hallo harm,
ein interessantes Projekt!
Wenn ich diese (auf den Kopf gestellte) italienische Tabulatur sehe, bekomme ich immer einen Knoten im Kopf. :)
Ich kenne nur die Schreibweise für Haltebögen (siehe Bild), habe aber, was die Pausen betrifft, in einem anderen Forum angefragt.
Ich habe auch einige alte Tabulaturen, aber dort sind komischerweise keinerlei Pausen notiert. Könnte das entwicklungsgeschichtliche Gründe haben? Pausen wurden ja erst in der Mensuralnotation definiert. Das war aber immerhin schon im 13. Jahrhundert...
Soweit ich sehe, hast du Gitarre und Vihuela-Tabulaturen als Grundlage genommen. Eine Erweiterung zur Lautentabulatur ist wahrscheinlich nicht schwer, oder was meinst du?
Grüße von Trulli
RobUr:
Hallo Harm, hallo Matthias,
echte einheitliche Konventionen gibt es hierbei nicht, aber die Antworten auf die Fragen sind einfacher als erwartet:
* Pausen: hier wird lediglich die Tondauer über dem Tabsystem notiert, ohne zu greifende Töne. Dies entspricht (im homophonen Satz) quasi dem Stoppen durch Fingeraufsetzen. Im polyphonen Satz ist dieses Vorgehen schlichtweg nicht notierbar – hier ergeben sich Tondauern aus dem Kontext.
* Haltebögen: schlicht eine Erfindung der modernen Notation. Die Vermutung ist völlig richtig, eine entsprechende Tondauer in Gänze zu notieren, da es strenge Taktmuster nach heutigem Verständnis einfach noch nicht gab. Stichwort „Mensurstriche“.
Allgemein muss ich anmerken, dass diese Art Transkription eine Einbahnstraße ist. Es ist sehr gut möglich, eine historische Tabulatur in moderne Notation zu überführen, aber andersrum kaum. Als Beispiel füge ich eine gemischte Edition an, in der sich sehr gut erkennen lässt, wie vage eigentlich Tabulaturen sind. Zur rhythmischen Notation sind Hälse und Fähnchen zwingend notwendig, d.h., die längstmöglich zu notierende Tondauer ist ein Viertelnote (resp. Minima); eine halbe Note (Semibrevis) ist mangels Notenkopf nicht unterscheidbar, und alle längeren Werte sind ohne Hals/Fähnchen nicht darstellbar.
Grüße, Robert
trulli:
Hallo Leute,
gute Hinweise, Rob!
Zu Dowlands Lebzeiten gab es allerdings schon Mensurzeichen (tempus perfectum, tempus imperfectum...). Und die Notenwerte waren durch Semiminima und Fusa schon erweitert worden. Insofern gab es da schon eine recht genaue Notation. Wie dein Beispiel gut zeigt, konnte der polyphone Verlauf der Stimmen nicht dargestellt werden. Da die Lautenisten gut ausgebildete Musiker waren, nehme ich aber an, dass sie die verschiedenen Stimmen ohne Probleme herausarbeiten konnten.
Durch nette Mitmusiker aus einem privaten Forum habe ich jetzt endlich mal ein paar Pausen gefunden. Das Bild zeigt einen Faksimile Druck von Dowland. Fundstelle: Die Gerbode-Sammlung. Dort gibt es einen Ordner mit Faksimiles: http://gerbode.net/ft2/facsimiles/
Sarge Gerbode hat Tausende von Lautenstücken gesetzt - eine echte Goldgrube....
Grüße von Trulli
harm6:
Hallo zusammen,
vielen, vielen Dank für die Hinweise.
@Trulli
Besonders Dein Dowland-Faksimile war sehr erhellend. Das andere Bild-Beispiel ist offensichtlich aus einer modernen Ausgabe. Da bin ich mir dann nie sicher wieviel Original beibehalten wurde.
Die Gerbode-Sammlung werde ich mir mal genauer ansehen.
@Robert
--- Zitat ---Allgemein muss ich anmerken, dass diese Art Transkription eine Einbahnstraße ist. Es ist sehr gut möglich, eine historische Tabulatur in moderne Notation zu überführen, aber andersrum kaum.
--- Ende Zitat ---
Da hast Du natürlich recht. Tatsächlich würde ich gerne gemischte Ausgaben/Transkriptionen erstellen. Aber dazu muß man den TabStaff ja erst mal vernünftig schreiben können.
Insoweit kommt Deine Dowland-Ausgabe dem sehr nahe was ich erreichen will.
Zwei Fragen dazu.
Hast Du die Notenwerte über dem TabStaff per Hand gesetzt oder eine Funktion dazu benutzt?
Wie hast Du die Angaben für die tieferen Baß-Saiten in den TabStaff bekommen?
Gruß,
Harm
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